Sprachmord Teil III – Vollständige Sätze

Tüte?

„Tüte?“ Die Verkäuferin sah mich fragend an.
Auch ich schaute fragend und antwortet: „Was Tüte?“
Ich bemerkte wie eine leichte Röte in das Gesicht der Kassiererin stieg und mir tat meine Gegenfrage schon wieder etwas leid.
Ich erhielt zumindest das, was ich mir erhoffte, eine ordentliche Frage: „Benötigen sie eine Tüte?“
Darauf konnte ich dann auch antworten und verneinte die mir gestellte Frage und setzte zudem noch das Wort Danke dahinter.

papiertüte


Pussy? – und mein Gesicht erstarrte

Ähnliches passierte mir in Finnland. Hier jedoch hatte ich regelrecht ein versteinertes Gesicht als mich der Kassierer fragte: „Pussy?“
Ich konnte in diesem Moment nur mit: „Excuse me?“ antworten und ich vermute, dass dieses Mal mir die leichte Röte ins Gesicht stieg.
Der junge Mann an der Kasse registrierte zum Glück, dass ich keine Finnin war und entgegnete mir ganz freundlich: „Do you need a bag?“
Später lies ich mich aufklären, dass Pussi (hier auch mit i anstatt y geschrieben) im finnischen tatsächlich Tüte bedeutet.


Nummer?

Vor der Waschanlage wartend kam der Mitarbeiter auf mein Auto zu und schrie: „Nummer?“
Mittlerweile habe ich mich wohl an kurze klare Worte gewöhnt und schrie zurück „Drei“, kam mir aber in diesem Moment etwas eigenartig vor, denn ich passte mich diesem Trend:
Wortfetzen um sich werfen, an.


Ist Sätze bilden out?

Ich erinnere mich noch genau daran, dass meine gerade meine Oma sehr viel Wert auf gute Rechtschreibung, Grammatik und Ausdruck legte, mich ständig verbesserte und mich lehrte, vollständige Sätze zu bilden. Das Erlernte, was meine Eltern bei mir ebenfalls festigten, versuche ich bis heute umzusetzen. Doch des Öfteren stelle ich mit Erschrecken fest, wie out das Sätze bilden geworden ist.

fragezeichen

Täglich schlagen Menschen mit Wortfetzen um sich und jeder scheint sofort den Sinn dahinter zu erkennen. Ich frage mich jedoch ernsthaft, ob das unserer Sprache wirklich gerecht wird, ob wir eventuell gar nicht mehr in der Lage sind ganze Sätze zu bilden? Oder sind wir zu faul? Ist es ein Trend der schnelllebigen Zeit?


Vollständige Sätze wirken freundlich!

Freundlich klingt es jedoch in meinen Ohren nicht. Tüte, Nummer…? Es ist doch viel höflicher und vor allem Wertschätzender eine Frage in einen netten Satz zu verpacken. Die Wahrscheinlichkeit eine Antwort in einem vollständigen Satz zu erhalten ist auch viel höher. Zudem könnte daraus sogar noch ein Lächeln entspringen wenn ich ein: „Möchten Sie“, oder „bitte“, einsetze.


Kurze Phrasen wirken unfreundlich und kalt!

Ich wünschte mir, dass die Schnelllebigkeit unserer Zeit sich nicht auf unsere Sprache niederschlägt.

Wie seht ihr das?

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63 thoughts on “Sprachmord Teil III – Vollständige Sätze

  1. Huhu 🙂
    Hab ich tatsächlich noch nie drüber nachgedacht. Aber wenn man das so liest,hast du schon Recht. Was mir eher auffällt ist,dass tatsächlich die Höflichkeit LEIDER flöten geht. Scheint wohl keine Zeit mir für ganze Sätze und Nettigkeiten zu sein 🙁 Und was mir gerade „bei uns“ sehr deutlich wird,dass die Kids (aber auch Erwachsene) häufig Wörter benutzen,bei denen ich mir oft denke:Junge,weisst du eigentlich was das Wort WIRKLICH bedeutet? Bestes Beispiel bei uns auf der Etage: Alder,ich schwöre:D
    Ach ja…bist du dir da sicher???
    Ich denke nämlich nicht 😉 isch schwöre!
    In diesem Sinne
    Tschüss 😉

    1. Hey,
      ich musste gerade mal über die Jugendsprache nachdenken. Das „alda ich schwöre“ bin ich wahrscheinlich schon so sehr gewöhnt, dass ich nur noch weghöre :P.
      Höflichkeit- dafür hat man wirklich keine Zeit mehr und das ist sooo schade :(, weil sicherlich meint man die kurzen Aussagen gar nicht unhöflich, aber es hinterläßt zumindest keinen guten Eindruck.
      Liebe Grüße!

    1. Liebe Anika,
      schön, dass ich dich zum Lachen bringen könnte. Du hast Recht, wenn man darauf achtet fällt es erst auf. Immerhin ist es ja heute schon fast normal, dass man in der „ein Wort Form“ fragt oder antwortet :).
      Liebe Grüße!

  2. Hallo Jenny
    Leider so wahr. Das ist mit der Handyzeit mither gegangen. Immer kürzer wurden die Texte und irgendwie übernehmen alle das. Könnten sie Smiley optisch ins Gesicht transferieren, würde es sicher bald nur mehr die geben mit einem Wort vielleicht dazu gg
    Liebe Grüße

    1. Liebe Tanja,
      stell dir vor, das mit den Smileys würde wahr werden. Sind wir dann nicht wieder in der Zeit der Urzeitmenschen angelangt in denen Mimik, Laute und Gestik noch der eigentliche Sprachgebrauch war?
      Liebe Grüße!

  3. Da hast du sicherlich recht, auch wenn ich mit den Kassierern mitfühle, die diesen Satz seeeeehr häufig am Tag sagen müssten und ich sicher auch etwas maulfaul wäre…

    -Kati

    1. Liebe Kati,
      ich kann die Kassierer auch wirklich verstehen und mich würde es sicherlich auch nerven immer wieder das Gleiche zu fragen. Aber ab und zu den Satz zu vervollständigen und eine nette Antwort vom Käufer zu erhalten macht evtl. sogar gute Laune :).
      Liebe Grüße!

  4. Hallo Jenny,

    du bist wirklich ein Ideal. Ich musste echt lachen, da mir solche Sachen ständig passieren. Viele haben keinen Bock, überhaupt den Mund aufzumachen und so kommt es zu… Tüte, Nummer usw.

    Auf dem Flughafen das gleiche. Wir kommen aus dem Ausland und alle waren nett und freundlich, selbst fremde Menschen. Wir kommen nach Deutschland auf den Flughafen: Gesicht versteinert, kurz und knapp: Pass!

    Alles klar oder?

    Liebe Grüße

    Sabine

  5. Hallo,
    dieses Phänomen habe ich leider auch schon häufig beobachtet…. ich reagiere meist absichtlich begriffsstutzig. Mich k*** das nämlich furchtbar an.
    Wenn meine Kinder so mit mir sprechen, antworte ich immer nur mit „häh?!?“ Oder mit: „ich habe für vollständige Sätze bezahlt!“
    In diesem Sinne wünsche ich Dir und Deinen lieben einen schönen 2. Advent
    Anke

    1. Liebe Anke,
      das begriffsstutzige reagieren mache ich auch ab und zu, das hilft sogar!
      Das du deinen Kindern so entgegen trittst finde ich eine gute Erziehungsmaßnahme!
      Liebe Grüße!

  6. Tja siehste mal 😀 Ich mag Britney Spears total gerne, daher mal ein Ohrwurm von ihr *lach*.

    Total verrückt 😀 Andere Länder andere Begriffe was 😀
    Und ja vollständige Sätze wirken immer freundlicher, kann aber leider nicht jeder.
    Liebe Grüße

    1. Ja die Begriffe im Ausland sind schon manchmal faszinierend. Vor allem dachte ich, der Herr an der Kasse verkackeiert mich :P.
      Liebe Grüße!

      1. Da kommt man sich dann auch schön verkackeiert vor 😀 Verrückte Welt.

        Der Lippenstift is auch mein bisheriger Favorit, so eine schöne Farbe =)
        Liebe Grüße

  7. Ich verzweifle täglich mit der Sprache der Kids in der Arbeit.
    Zum Beispiel:
    „Kann ich Ketcup?“……
    „Kann ich Schere?“……
    Wahhhh..da könnte ich ausrasten. Das nervt so.
    Ich vollende dann meistens den Satz mit:
    haben, laufen, springen, erhalten, turnen…..
    bis die Kinder dann lachend „haben“ sagen
    Liebe Grüße
    Nila

    1. Liebe Nila,
      das machst du absolut richtig. Irgendwo müssen sie es ja lernen. So handhabe ich es auf meiner Arbeit auch, nur dass es keine Kinder mehr sind, mit denen ich arbeite.
      Liebe Grüße!

    1. Liebe Sabine,
      ach ja, die Kassenbon Frage gibt es auch noch! Da erinnerst du mich an etwas. Ich finde es super, wenn man dann im ganzen Satz antwortet um zu zeigen, dass es höflich klappt :).
      Liebe Grüße!

    1. Liebe Tina,
      stimmt die Tüten verschwinden nun langsam aus den Märkten, aber die Frage nach dem Kassenbon wird wohl noch bleiben :P.
      Und du hast Recht, die Einwortsätze finden wohl andere Wege.
      Liebe Grüße!

  8. Oooh mein Gott Jenny, Deine Fotos sind so ulkig, ich kann ja nicht mehr.
    Also in manchen Lebenslagen finde ich es völlig in Ordnung, so ein Wort hinzuwerfen.
    Wenn ich zum Beispiel in meine Stammkneipe komme und mein Wirt mich lächelnd fragt: Radler? Dann weiß ich dass er mich so gut kennt und alles richtig macht. Es kommt halt immer auf die Situation und die Mimik an. In meinem Beruf und Alltag spreche ich aber aus Höflichkeit auch eher in ganzen Sätzen. 🙂

    1. Liebe Marion, na in der Kneipe finde ich das schon wieder angenehm, da, wie du schreibst, man einfach gekannt wird und dem Kunde somit ein gutes Gefühl gegeben wird :).
      Das du im Laden natürlich anders sprichst kann ich mir gut vorstellen, da ist der Kunde auch wieder in einer ganz anderen Position.
      Die Bilder: der Gatte hatte Geistesblitze- ulkig ist ein gutes Wort dafür :P.
      Liebe Grüße!

  9. Ich finde es hängt eindeutig von der Situation ab. Jetzt vor Weihnachten, wenn alle an der Kasse sowieso nur noch genervt sind und möglichst schnell rauswollen, finde ich „Tüte?“ vollkommen ok. In anderen Situationen natürlich nicht.
    Hab einen guten Start in die neue Woche!

    1. Hey, naja nein, die „Tüte“ schleppe ich schon lange mit mir rum, egal ob Weihnachtszeit oder eher die stilleren Sommertage ;P.
      Liebe Grüße!

  10. Liebe Jenny,
    ich kann deine Gedanken zu 100% verstehen und ich sehe es genau so wie du!
    Grundsätzlich bin ich ein sehr höflicher Mensch, aber wenn mich Leute nicht anständig ansprechen und mir nur solche Wortfetzen entgegen bringen, dann werde auch ich mal frech und stoße diese Leute gerne vor den Kopf. Ich stelle dann meistens patzige Gegenfragen mit leicht genervtem Unterton, wie z.B.: ,,Geht es auch in einem Satz??“ oder ,,Wie jetzt Tüte?? Essen, kaufen, basteln, geschenkt bekommen??“ 😀
    Viele Grüße und morgen einen guten Start in die neue Woche 🙂
    Jasmin

  11. Also gerade im öffentlichen Leben -sprich im Supermarkt- wäre es doch schön sich in ganzen Sätzen zu unterhalten. Zuhause sieht das nochmals anders aus, zumindest bei uns 🙂 Man kennt und versteht sich blind, da reicht auch schon mal ein einzelnes Wort aus 🙂

    LG Brigitte

  12. Die Fotos zu deinem Artikel sind grandios!
    Ja du hast recht mit dem verschwinden der ganzen Sätze, und ja, es wirkt auf mich auch oft sehr unfreundlich. Überhaupt scheinen viele Menschen für Höflichkeit keine Zeit mehr zu haben. Neulich las ich in einer Frauenzeitschrift das es out wäre sich zu entschuldigen, ein flüchtiges Hoppla, würde völlig reichen ..

    Liebe Grüße zu dir <3

    1. Ahahaha, ja danke, die Fotos waren die Idee meines Mannes 😛 ich habe mich etwas eigenartig unter der Tüte gefühlt :P.
      Also die Frauenzeitschrift hätte mir nicht in die Finger gelangen sollen, ein Hoppla ist definitiv zu wenig!
      Liebe Grüße!

  13. Du hast total recht, unsere Sätze werden immer kürzer. Und wenn ich so überlege kommt mir das im Supermarkt auch ziemlich bekannt vor. Halt eher mit dem „Kassabon?“ Werde jetzt auch wieder verstärkt auf vollständige Sätze achten 😀

    Liebe Grüße Martina
    http://www.kleidsam.org

  14. Ein toller Artikel, liebe Jenny. Ich musste so lachen, aber du triffst es auf den Punkt. Genau so ist es. Ich stelle mich auch mal gerne ahnungslos und frage, was man denn jetzt genau damit meint. Vor allem bei den Kindern und in der Hoffnung, sie lernen davon. Ich finde diese verkürzte Sprache ganz furchtbar.

    Liebe Grüße

  15. Was für ein sinnvoller Beitrag für die Deutsche Sprache. Ich habe meistens eine Einkaufstasche dabei, von daher werde ich weniger nach „TÜTE?“ gefragt. Beim nächsten Mal werde ich sicherlich genauer hinhören und entsprechend antworten. Danke für’s Nachdenken, warum unsere Sprache immer „merkwürdiger“ wird. Herzlichst Martina – http://www.lady50plus.de

  16. Du hast soeben meine Laune um einiges aufgeheitert-Danke dafür ? Aber Recht hast du-Total! Deine Fotos sind toll, besonders das erste mit der Tüte. Einen wunderschönen Nikolausabend wünsche ich dir liebe Jenny

  17. Hallo Jenny,
    oh.. also bei dein Erlebnis mit der „Pussi“ hätte ich wohl auch ziemlich verdutzt geschaut. 😉

    Ich mag dieses Abkürzen von Sätzen nicht. Auch Abkürzungen von Wörtern in Nachrichten die ich erhalte finde ich persönlich echt furchtbar. Ich stelle mich dann besonders bei meinen großen Kindern etwas begriffsstutzig an, so dass sie es mittlerweile aufgegeben haben und zumindest mir gegenüber in vollständigen Sätzen sprechen/schreiben.

    1. Hey,
      ich finde es super, dass du auf diese Weise deinen Kindern entgegen trittst. So müssen sie wohl notgedrungen richtig schreiben :).
      Und ja die Pussy Sache lies mich aus sprachlos werden! 🙂
      Liebe Grüße!

  18. Huhu Jenny,

    hehehehe, die Fotos sind der Burner, genial! 🙂

    Du hast recht, wenn ich länger drüber nachdenke, fällt es an jeder Ecke auf. Aber irgendwie wachse ich mit rein, vielleicht durch die eigenen Kinder?

    Herzliche Grüße – Tati

    1. Hey,
      jaja der Gatte hatte wohl auch seinen Spass beim Fotografieren :).
      Und klar, wenn man Kinder hat, ist man wohl so einiges mehr gewöhnt :).
      Liebe Grüße!

  19. Das wünsche ich mir eher von meinen Kindern. Bitte den ganzen Satz und keine Bruchteile. Genauso bei WhatsApp … bitte keine Abkürzungen, sonst muss ich erst googeln was es bedeutet 😉 . Liebe Grüße Tina-Maria

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