Was mir wahre Freundschaft wirklich bedeutet

Ich sitze oft da und betrachte meine Freundschaften wie eine Zugreise durchs Leben. Manche Menschen steigen an einer Haltestelle zu, begleiten mich ein Stück des Weges und verabschieden sich an der nächsten wieder. Andere wiederum tauchen unverhofft auf und nehmen einen Platz in meinem Abteil ein. Und dann gibt es diese ganz besonderen Menschen, die von Anfang an dabei sind oder irgendwann zusteigen und einfach bleiben. Ein Leben lang sitzen sie neben dir, diese stillen und doch so bedeutsamen Begleiter.
Genau dieses Bild kommt mir in den Sinn, wenn ich über wahre Freundschaft nachdenke. Es sind nicht die vielen flüchtigen Bekanntschaften, die ein- und ausgehen. Es sind die, die immer wieder den Weg in dein „Herzensabteil“ finden und dort einen festen Platz einnehmen.

Blumen


Aber was macht diese „wahren Freunde“ eigentlich aus?

Für mich ist es dieses tiefe Gefühl der bedingungslosen Akzeptanz. Es bedeutet, füreinander da zu sein, ohne zu urteilen, ein offenes Ohr zu haben, gemeinsam zu lachen, die Tränen des anderen mitzufühlen und Freud und Leid zu teilen. Es ist diese stille Gewissheit: Ich muss dich nicht ständig sehen, anrufen oder mit Nachrichten bombardieren, um zu wissen, dass du da bist. Wenn die Hütte brennt, genügt ein einziger Anruf und du stehst ohne Zögern vor meiner Tür.

Wahre Freunde respektieren ein „Nein“, verstehen es, wenn ich eine Einladung ablehne, weil meine Energie gerade woanders gebraucht wird. Sie akzeptieren meinen Standpunkt, auch wenn er nicht mit ihrem übereinstimmt. Sie schätzen mich so, wie ich bin – mit all meinen Ecken und Kanten. Natürlich tauschen wir uns aus, hinterfragen uns manchmal, geben unsere Ideen und Perspektiven weiter. Aber es gibt keinen Zwang, die Meinung des anderen anzunehmen.

Erst kürzlich sagte eine liebe Freundin zu mir: „Weißt du, mir reicht es, wenn wir uns ab und zu sehen, uns austauschen, mal etwas unternehmen oder einfach nur zusammen quatschen. Aber ich weiß ganz tief im Inneren, dass du immer erreichbar bist und zu mir hältst.“ Diese Worte haben mein Herz berührt.

Und ich selbst habe vor Kurzem einer anderen Freundin gesagt, wie unglaublich gut es sich anfühlt, bei ihr einfach ich selbst sein zu dürfen, ohne Filter, ohne Angst vor Verurteilung. Ihre Antwort war so selbstverständlich und doch so wertvoll: „Aber genau so sollte es doch sein!“ Ich fühle mich so wohl in ihrer Nähe, weil sie mir das Gefühl gibt, dass meine Entscheidungen richtig sind, solange es mir damit gut geht. Und sie hat Recht. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Uhr und Bank


Das Loslassen falscher Begleiter

Leider ist diese Art von Akzeptanz nicht immer selbstverständlich. Es gibt Menschen, die sich „Freunde“ nennen, aber im Grunde nur Erwartungen an dich haben. Sie beurteilen und verurteilen dich, wenn du nicht in ihr vorgefertigtes Bild passt. Wenn du durch schwierige Zeiten gehst, wird es ihnen schnell zu viel. Sie wollen sich nicht mit deinen Problemen auseinandersetzen, weil du plötzlich eine „Last“ bist, weil du anders bist, anders denkst. Du sprengst ihr Schema.
Von diesen Menschen habe ich mich nach und nach verabschiedet. Es war nicht immer leicht, loszulassen. Bei einigen hat es viel Kraft und Geduld gekostet. Aber dann kommen diese Momente, in denen du plötzlich spürst, dass du innerlich einen Haken dahinter gemacht hast. Es fühlt sich unglaublich befreiend an.

Schuhe, Chucks


Freunde sind ein Schatz – und ich brauche nicht viele davon

Echte Freunde sind wie unbezahlbare Schätze. Ich brauche keine riesige Sammlung davon. Um ehrlich zu sein, habe ich eine Handvoll Menschen, die ich wirklich zu meinen engsten Freunden zähle, und dafür bin ich unendlich dankbar. All die anderen sind wertvolle Bekannte, Wegbegleiter in meinem Lebenszug. Sie sitzen ein Stück mit mir im Abteil, teilen ihre Gedanken und Erfahrungen, prägen mich auf ihre Weise. Aber meine engsten Freunde… die sitzen fest an meiner Seite, egal wie holprig die Strecke manchmal ist. Und das ist ein unbeschreibliches Glück.

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31 thoughts on “Was mir wahre Freundschaft wirklich bedeutet

  1. Ich mag dieses Bild mit dem Zugabteil sehr. Zumal es sich genauso anfühlt – eine meiner wichtigsten Freundinnen ist damals völlig überraschen zugestiegen und einfach bis heute sitzen geblieben. Andere mögen ausgestiegen sein aber bleiben unvergessen. Und selbst an manche, die nur ein Kurzstreckenticket gelöst hatten oder von denen ich im Vorbeifahren durchs Fenster eine kurzes Winken bekommen habe, habe ich bis heute schöne Erinnerungen im Herzen.

  2. Ein wirklich schönes Bild. Ich denke, man kann auch nur ganz wenig echte Freunde haben. Der Rest sind Bekannte. In meiner Jugend wollte ich immer ganz viele Freunde haben, weil dann ist man ja beliebt und ich habe meinen eigenen Wert daran gemessen. Zum Glück weiß ich heute, dass dem nicht so ist.
    LG, Rahel

    1. Liebe Rahel,
      man lernt im Leben dazu und in der Kindheit, so meine Idee dazu, hatte man automatisch einige Spielkameraden. Das ändert sich je älter man wird, denn man findet, wie du so schön sagst, seine eigenen Werte und sucht sich dahingehend auch Freunde aus die passen.
      Liebe Grüße!

  3. Über die letzten vielen Jahre muss ich auch sagen, dass nur noch eine Handvoll Freunde geblieben ist. Aber auf die kann ich mich auch verlassen. LG Romy

  4. Ein schöner Beitrag liebe Jenny. Mir sind wenige gute Freunde lieber als viele oberflächliche Freundschaften. Wobei die auch gut sind, solange es locker bleibt. Stress in Beziehungen empffinde ich immer als sehr anstrengend. Aus dem Alter bin ich raus 🙂

    Liebe Grüße
    Sabine

  5. Liebe Jenny,

    dein Beitrag über wahre Freundschaft hat mich tief berührt. Die Zugmetapher finde ich wunderschön und so passend – sie zeigt, wie wichtig es ist, bewusst hinzuschauen, wer wirklich dauerhaft in unserem Leben Platz haben sollte.

    Besonders deine Gedanken zur bedingungslosen Akzeptanz haben mich sehr angesprochen. Wahre Freundschaft bedeutet für mich ebenfalls, sich nicht verstellen zu müssen – einfach so angenommen zu werden, wie man ist. Und ja, manchmal gehört auch der schmerzhafte Schritt dazu, sich von Menschen zu trennen, die einem nicht guttun.

    Danke, dass du deine Gedanken so ehrlich und gefühlvoll geteilt hast – sie regen definitiv zum Nachdenken an.

    Ich wünsche dir einen ganz wunderbaren Tag!
    Herzliche Grüße,
    Saskia Katharina

    1. Hey,
      schön, dass meine Zeilen zum Nachdenken anregen konnten.
      Und ja, die Akzeptanz und das „ich nehme dich so wie du bist“ ist ein grosser Gewinn in unserem Leben.
      Liebe Grüße!

  6. Ja war wirklich eine erlebnisreiche Zeit =)

    Ein wirklich schöner Post und momentan so passend für eine Situation bei mir – das loslassen falscher Begleiter 😀

    1. Hey,
      ich wünsche dir viel Kraft beim Loslassen. Es ist nicht so leicht wie man es sich vorstellt. Ich habe dem auch Zeit geben müssen, aber es lohnt sich :).
      Liebe Grüße!

  7. Hallo Jenny,
    ein sehr schöner und wahrer Beitrag. Ich mag diesen Aphorismus hier sehr gerne: “ Es gibt Beziehungen/Freundschaften, die sind wie Gräser. Gräser halten sich auch im Winter und wenn man sie richtig betrachtet, sind sie wunderschön. 🙂
    Eine angenehme Restwoche und liebe Grüße, Tati

  8. Das hast du wirklich toll geschrieben und so treffend. Wahren Freunden kann man halt mal offen die Meinung sagen, man denkt darüber nach, ist vielleicht auch kurz bockig und dann kann man aber wieder verzeihen und vielleicht sogar darüber lachen. Wahre Freunde meinen es nie böse, sondern sind besorgt, emphatisch und wünschen einem nur das Beste.
    Reibereien sind normal, aber die Akzeptanz dahinter, wie du auch so schön schreibst, die muss bedingungslos vorhanden sein. Wahre Freunde, sind das beste was man finden kann!

  9. Hallo liebe Jenny,

    es tut mir soo wahnsinnig leid, dass ich jetzt erst zum kommentieren komme.
    Du schreibst immer so liebe Kommentare bei mir..

    Freunde zu finden ist wahnsinnig schwer. Für mich jedenfalls.
    Seit neusten denke ich aber so: Früher wollte ich immer, das man mich mag.
    Es war mir einfach unendlich wichtig. Dabei ist es doch viel wichtiger, das vor allem ICH mich selber mag. Wie sollen andere Menschen, einen toll finden, wenn man es selbst nicht von sich tut?

    Ich denke, die richtigen Menschen kommen dann, wenn man sie nicht sucht.

    Liebe Grüße, Anja

    1. Liebe Anja,
      wie wahr, die Selbstliebe ist besonders wichtig. Manchmal gar nicht so einfach bei sich zu beginnen. Freunde können einen dabei zur Seite stehen. Und ja, die Menschen die einen schätzen werden in dein Leben treten.
      Liebe Grüße!

  10. Allein, den Titel Freund zu verteilen, ist kostbar. Ich sehe das genauso. Und befreundet muss nicht Freund sein.
    Du schreibst es sehr schön, auch, was das Ziehenlassen betrifft.
    Manchmal irrt sich das Herz und wir stellen fest, dass wir gehen dürfen. Ja, das ist schmerzhaft, aber es gehört dazu.
    Wir sind uns da sehr ähnlich. Das mag ich.

    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole,
      ja ein wenig Schmerz gehört dazu und es gilt ihn zu überwinden. Irgendwann kommt der richtige Zeitpunkt der Erkenntnis und dann ist es befreiend.
      Ich finde es toll, dass wir in vielen Dingen gleich denken!
      Liebe Grüße!

  11. Liebe Jenny,
    das hast Du wunderbar formuliert. Gedanken, die ich erstmal sacken lassen und für mich überdenken muss. Ich hadere seit einiger Zeit damit, dass sich Freundschaften anders entwickelt haben als ich immer geglaubt habe.
    Umso mehr schätze ich die, die geblieben sind.
    Liebe Grüße
    Britta

    1. Liebe Britta,
      ich finde es toll, dass ich dich zum darüber Nachdenken anregen konnte. Freundschaften können sich ändern, aber ich bin mir sicher, dass es Menschen an deiner Seite gibt, die schon immer da wahren und es auch bleiben werden.
      Liebe Grüße!

  12. Liebe Jenny,

    ich sehe es genauso: Freundinnen sind ein Schatz. Sie machen mein Leben reicher und schöner.

    Viele liebe Grüße
    Anja

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